Fritz-Reuter-Bühne Schwerin feiert 90. Geburtstag

Schwerin (nordPR) – Die Fritz-Reuter-Bühne Schwerin feiert am 26. November offiziell ihren 90. Geburtstag mit großem Bahnhof und allerlei Feierlichkeiten.
Das einzige plattdeutsche Profi-Theater im Osten kann dabei auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken mit großen Erfolgen und ebenso großen Krisen. Das Ensemble überstand immerhin zwei deutsche Diktaturen und ist in seinem 90. Jahr alles andere als in wirklich sicherem Fahrwasser.
Die erste Spielzeit der Niederdeutschen Bühne begann übrigens auf den Tag genau am 29. November 1926. Es war damals der Montag nach dem ersten Advent und als erstes Stück wurde die Komödie „Stratenmusik“ von Paul Schurek gegeben.

Zum 90. Geburtstag nun wurde ein Stück des mit Abstand wohl berühmtesten mecklenburgischen Plattdeutsch-Dichters Fritz Reuter ausgewählt: „Kein Hüsung“.
Das Versepos thematisiert soziale Ungerechtigkeit, Perspektivlosigkeit sowie letztlich die Flucht und ist damit hochaktuell.
Das Jahr 1847 in Mecklenburg: Viele Jahre hat Johann dem Baron bereits als Tagelöhner gedient. Er liebt Mariken, die ein Kind von ihm erwartet, kann sie jedoch nicht heiraten, weil er kein Hüsung, also vom Baron kein Wohnrecht auf dessen Land hat. Trotz seiner Dienste verweigert ihm der Baron das Hüsung, als er erfährt, dass Johanns Frau Mariken werden soll.
Mariken gesteht Johann, dass sie sich einst dem Baron verweigert hat und er sie seither hasst. Als Mariken ihrerseits nun die Baronin um Hüsung bittet, reagiert diese empört auf Marikens voreheliche Schwangerschaft und jagt sie davon. Demütigung und Schande drohen. Mariken denkt an Selbstmord, Johann weiß das zu verhindern.
Am Ende bleibt den Liebenden nur die Flucht, die Auswanderung nach Amerika. Aber aus dem geplanten Schritt in die Freiheit wird am Ende eine todbringende Flucht.

Zum Jubiläum schenkt das Ensemble der Fritz-Reuter-Bühne Schwerin sich und seinem Publikum aber nicht nur die Inszenierung von „Kein Hüsung“
Im Jubiläumsjahr zum runden Geburtstag erschien u.a auch eine ihrer erfolgreichsten Inszenierungen, die plattdeutsche Version von Goethes Faust, als Hörbuch.
Der Tragödie Erster Teil wurde von Friedrich Hans Schaefer 1983 ins Niederdeutsche übertragen. 2005 kam das Stück unter dem Titel „Dat Späl von Dokter Faust“ auf die Fritz-Reuter-Bühne des Mecklenburgischen Staatstheaters. Später wurde die Theaterfassung mit den Darstellern als Hörspiel in einer Koproduktion von NDR und Radio Bremen aufgenommen.
„In der niederdeutschen Übersetzung klingt das alte Drama völlig neu, wird zum echten Volksstück“, so NDR Niederdeutsch-Redakteur Rainer Schobeß.
Jener berühmte Ausruf des Dr. Faust gleich zu Beginn klingt dann so: „Dor stah ick nu, ick arme Narr, un wüßt giern, wat ick dorvon harr!“
Und das verführte plattdeutsche Gretchen ruft: „Heinrich, mi grugt vör di!“
Und der Osterspaziergang beginnt mit den plattdeutschen Worten: „Von Iesgang frie sünd Strom un Bäken…“

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