Hiddensee – die Ostsee-Insel der Künstler und Prominenten

Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Insel Hiddensee von einem Geheimtipp in den Berliner Künstlerkreisen zu ein Refugium für Künstler und Prominente an der deutschen Ostseeküste.

Doch schon zuvor war es der Theologe Gotthard Ludwig Theobald Kosegarten, der in seiner Prosaschrift „Briefe eines Schiffbrüchigen“ auf die Schönheiten der Insel Hiddensee und der großen Schwesterinsel Rügen aufmerksam machte.

Später war es der exentrische deutsche Schauspieler Alexander Ettenburg, der auch als der „Einsiedler von Hiddensee“ bekannt wurde. Er lebte auf dem Dornbusch in seiner „Bergwald-Kolonie“, rezitierte stimmgewaltig dramatische Verse in der von ihm so genannten Swanti-Schlucht, führte in seinem Naturtheater mit Einheimischen seine selbstverfassten Stücke auf wie zum Beispiel „Swantevits Fall“.

Im Sommer 1885 setzte der Dichter und spätere Literaturnobel-Preisträger Gerhart Hauptmann erstmalig seinen Fuß auf die Ostseeinsel Hiddensee. Fortan war der Dichter ihr verfallen und weilte Jahr für Jahr viele Wochen und Monate auf Hiddensee. 1929 kaufte er das Haus Seedorn, das er ausbaute und zum Beispiel um den so genannten Kreutzgang das bis heute erhaltene imposante Arbeitszimmer erweiterte.
1946 wurde Gerhart Hauptmann auf dem Inselfriedhof in Kloster beigesetzt. Seine Haus ist heute Gedenkstätte mit vielen einmaligen Ausstellungsstücken, die an den großen deutschen Dichter und sein Werk erinnern.

Einer der ersten Sommergäste, die auf Hiddensee bauen ließen, war der Berliner Maler Oskar Kruse. Er errichtete in Kloster die „Lietzenburg“ und versammelte in dem Jugendstilbau in den Sommermonaten einen Kreis von Schriftstellern, bildenden und darstellenden Künstlern.

Otto Mueller und Erich Heckel, beide gehörten zur 1905 gegründeten Künstlergruppe „Brücke“, schufen über einen längeren Zeitraum ihre Arbeiten auf der Insel Hiddensee.
Heckel beispielsweise, so ist es überliefert, soll bei seinem Insel-Besuch im Sommer 1912 mehr als fünfunddreißig Werke erstellt haben.

In den zwanziger Jahren ließ die in Deutschland sehr erfolgreiche dänische Schauspielerin Asta Nielsen in Vitte ihr Sommerhaus „Karusel“ bauen. Der sehr eigenwillig geschwungene Rundbau wurde schnell zu einem Ort, an dem sich damals berühmte Schriftsteller, Schauspieler, Maler und Dichter einfanden, bis die ungekrönte Stummfilmkönigin 1936 nach Dänemark zurückkehrte.
Zu Gast im „Karusel“ bei Asta Nielsen waren u.a. der Dramatiker und Erzähler Carl Zuckmayer, der Schauspieler Eduard von Winterstein und auch Joachim Ringelnatz.

Auch der Pädagoge Adolf Reichwein, einer der prominenten Kulturpolitiker in der so genannten Weimarer Republik und Mitglied im Kreisauer Kreis, weilte regelmäßig mit seiner Frau Rosemarie zum Sommeraufenthalt im „Hexenhaus“ in Vitte. Dieses älteste noch erhaltene Haus der Insel war der Sommersitz Reichweins in jenen Jahren und befindet seit 1990 wieder im Besitz derer zu Reichweins .

Auch Nobelpreisträger Albert Einstein war ein Fan von Hiddensee und weilte ab1919 häufig als Gast auf dem Söten Länneken. Er lud mit seiner Familie zu Musikabenden ein, was Rang und Namen hatte. Die Einsteins verkehrten u.a. auch mit Gerhart Hauptmann und waren Gast der Kruse-Familie. An die Aufenthalte erinnert in Kloster eine metallene Gedenkplatte an der Vogelwarte der Universität Greifswald.

Auch der Theaterleiter und Regisseur Max Reinhardt weilte oft auf Hiddensee, so wie auch der Schauspieler Otto Gebühr und die Schauspielerin Helene Weigel.
Auch die Tänzerin Gret Palucca besaß ein Sommerhaus auf Hiddensee und wurde 1993 auf dem Inselfriedhof Kloster beerdigt.
Was längst nicht alle wissen und weniger ganz woanders ansiedeln: Der Schriftsteller Hans Fallada schrieb seinen Roman „Kleiner Mann – was nun“ auf Hiddensee zu Ende.

In den 1920er und 1930er Jahren war Hiddensee dann die Adresse für deutsche künstler, Intellektuelle und Prominente – Dat Söte Länneken war total angesagt.
Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Heinrich George und Sigmund Freud nebst Tochter Anna weilten auf der kleinen Inselschwester von Rügen.
Franz Kafka, Thomas Mann, Billy Wilder, Heinrich George, Gottfried Benn, Max und Käthe Kruse, Ernst Toller, Erich Mühsam und Conrad Felixmüller erholten sich auf dem ganz besonderen Eiland im Nordosten von Deutschland.
Auch Käthe Kollwitz weilte in den 1920er Jahren oft auf Hiddensee. Sie war damals zu Gast bei Leo Klein-Diepold. Der Maler wohnte damals im Süden von Hiddensee in Vitte.
 
Auch Henny Porten, Carl Zuckmayer, George Grosz, Hans Fallada, Ernst Barlach, Gustaf Gründgens, Rainer Maria Rilke, Anna Seghers, Hans Söhnker, Franz Werfel, Erich Kästner, Stefan Zweig und Lion Feuchtwanger genossen die Ferien auf Hiddensee.

Der Insel Hiddensee geradezu verfallen war auch die Malerin Elisabeth Büchsel. Sie entdeckte das Eiland 1904 und war bis zu ihrem Lebensende die „Hiddensee-Malerin“ schlechthin.

Später dann, zu DDR-Zeiten, war Hiddensee ein Refugium für viele Künstler, Kulturschaffende und Wissenschaftler des so genannten Arbeiter- und Bauernstaates.
Ob nun der Sänger Ernst Busch, der Schriftsteller Stefan Heym, der Opernregisseur Harry Kupfer, die Schauspielerin Inge Keller oder der Physiker Robert Rompe – Hiddensee war für die DDR-Prominenz ein gern genutzter Ort des Rückzugs und zuweilen auch der Nische.

So hatte auch der Lyriker und Ãœbersetzer Erich Arendt ein Haus auf Hiddensee
Der Schriftsteller Hanns Cibulka war zwischen 1970 und 1985 häufiger Gast in Kloster. Hier entstanden u.a. seine Hiddensee-Bücher „Sanddornzeit“ und „Seedorn“.

Am Rand des Ortes Kloster besaß der Opernregisseur Walter Felsenstein (in Kloster auf Hiddensee begraben) das Landhaus „Pjerregard“ im Hügelweg 19.
Der Maler Günter Fink stellte seine Arbeiten seit 1949 in Vitte am Norderende und in der Blauen Scheune aus. Dieses Gebäude erwarb der Künstler 1955. Der Berliner Maler und Illustrator Werner Klemke hatte ebenfalls ein Haus auf Hiddensee. 

Auch heute zieht das „Söte Länneken“ erneut immer mehr Künstler und Prominente in seinen Bann. Hiddensee, die zauberhafte und unvergleichliche kleine Schwester von Rügen, ist zunehmend wieder gefragt als Urlaubsort einer zahlungskräftigen Klientel, die das Besondere zu schatzen weiß und es sich auch leisten kann.
Aljoscha Rompe (DDR-Punk-Musiker) veranstaltete „Strand-Konzerte“ auf Hiddensee.
Die Germanistin, Lektorin, Schriftstellerin und Buchhändlerin Renate Seydel, Herausgeberin von Anthologien über Hiddensee, ist Inhaberin der Buchhandlung „Koralle“ in Vitte.
(*T/100413/mph)

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