Fritz Reuter(Schriftsteller) – Leben und Werk

Fritz Reuter / Foto: Fritz Reuter – Literaturmuseum Stavenhagen

Fritz Reuter wurde am 7. November 1810 in Stavenhagen im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin geboren. Er war Sohn des Bürgermeisters Georg Johann Reuter und seiner Frau Johanna Luise. Schon als Schüler und auch später als Jura-Student in Rostock und Jena konnte er den strengen Ansprüchen und Erwartungen des Vaters nicht genügen.
In Jena schloss Fritz Reuter sich 1832 einer Burschenschaft an. Ein Jahr später wurde er in Berlin festgenommen und nach vier Jahren Untersuchungshaft zum Tode verurteilt „wegen Teilnahme an einer den gewaltsamen Umsturz der Verfassung des preußischen Staats bezweckenden Verbindung und wegen Beleidigung Seiner Majestät des Königs“. Gleich nach der Urteilsverkündung erhielt Reuter eine Begnadigung zu dreißigjähriger Festungshaft. 1840 wurde er amnestiert. Während der Haftzeit in Silberberg, Groß Glogau, Magdeburg, Graudenz und Dömitz  hatte Reuter sich zum überzeugten Demokraten entwickelt: „As wi inspunnt würden, wiren wi´t nich, as wi rute kemen wiren wi´t all“. In jenen harten Jahren verfestigte sich bei ihm eine Dipsomanie: Depressive Stimmungen, verbunden mit periodischen Anfällen von Trunksucht.
Nach seiner Haftentlassung und einem erfolglosen Versuch, das Jurastudium in Heidelberg fortzusetzen, wollte und musste Fritz Reuter seinem Leben eine neue Richtung geben. Er ging 1842 als Strom, als Landwirtschaftseleve, nach Demzin bei Stavenhagen, wo der Pächter Franz Rust ein Gut bewirtschaftete. Hier lernte Reuter moderne Landwirtschaftsmethoden genauso kennen wie die bürgerliche Opposition gegen den mecklenburgischen Adel, der damals viele Gutsbesitzer und Pächter angehörten. 
Nach dem Tod des Vaters 1845 zerschlug sich Reuters Traum, selbst einmal ein Gut zu leiten. Ihm wurden testamentarisch zwar geringe regelmäßige Zinszahlungen zugestanden, allerdings nur, wenn er nicht heiratete. Im gleichen Jahr lernte Reuter seine spätere Frau Luise Kuntze kennen, und er ging nach Thalberg auf das Gut von Rusts Schwager Fritz Peters. Trotz aller Ungewissheit und Verzweiflung, über seine Stromtid sollte er später schreiben: „Ick segen de Landwirtschaft, sei hett mi gesund makt un hett mi frischen Maud in de Adern gaten“.
Damals verfasste Reuter anonym auch erste Artikel, er engagierte sich politisch für die Pressefreiheit und gegen den Ständestaat. 1848 wurde er Mitglied des Stavenhagener Reformvereins und fuhr zum außerordentlichen Landtag in Schwerin, der über eine neue Verfassung beraten sollte. Die Erfahrungen und Erlebnisse aus jener Zeit sind später in Reuters bedeutendsten und erfolgreichsten Roman „Ut mine Stromtid“ eingeflossen, auch wenn das Werk – anders als der Titel glauben macht – keine Autobiografie ist.
1850 ging Reuter als Privatlehrer nach Treptow an der Tollense (heute Altentreptow). Ein Jahr später heiratete er Luise Kuntze und 1853 erschien im Selbstverlag ein Buch, das seinem Leben wiederum eine neue Richtung geben sollte: „Läuschen un Rimels“. Der große Erfolg dieses Bandes ermutigte ihn, weiter up Platt zu schreiben. Und er konnte nach dem Umzug nach Neubrandenburg 1856 sich und seine Frau als freier Schriftsteller ernähren. 
In Neubrandenburg entstanden seine großen Werke: „Kein Hüsung“, „Ut de Franzosentid“, „Hanne Nüte un de lütte Pudel“ oder „Ut mine Festungstid“. Auch hochdeutsche Leser haben diese niederdeutschen Bücher mit Begeisterung verschlungen, Reuters Romane wurden in allen deutschen Landen gut verkauft. Zur Verbreitung seiner Werke  trug sicher auch seine neue Rechtschreibung bei. Reuter schrieb plattdeutsche Wörter jetzt ähnlich wie hochdeutsche, was dem Publikum außerhalb des niederdeutschen Sprachraums das Verständnis sehr erleichterte.
Mit der Arbeit an der „Stromtid“ begann er 1862 in Neubrandenburg. Als Fritz Reuter das Manuskript 1864 abschloss, wohnte er bereits im thüringischen Eisenach. Zu jener Zeit war er der bestverdienende deutsche Schriftsteller, ein Bestseller-Autor. Und mit dem Bestseller „Ut mine Stromtid“ begann auch sein internationaler Erfolg: Schon bald wurde der Roman übersetzt ins Niederländische, Dänische und Schwedische, später in andere europäische Sprachen.
In Eisenach ließ das Ehepaar Reuter sich eine repräsentative Villa am Fuße der Wartburg bauen. Hier starb der große niederdeutsche Dichter am 12. Juli 1874. Reuters Werke werden dem Realismus zugerechnet, als seine Vorbilder hat er Walter Scott und Charles Dickens genannt. Und auch Fritz Reuter selbst hat viele bedeutende Schriftsteller beeinflusst: Wilhelm Raabe, Gottfried Keller, Mark Twain, Theodor Fontane, Thomas Mann, Arno Schmidt, Uwe Johnson oder Walter Kempowski.

(T/Schobeß/ 27072011)

Ausgewählte Werke

Läuschen un Rimels (Schwänke und Reime), mehrere Bände ab 1853; Neuauflage: Hinstorff, Rostock 1995, ISBN 3-86167-031-3
Meine Vaterstadt Stavenhagen, 1856, erweitert 1861, Neuauflage: Hinstorff, Rostock 1997, ISBN 3-86167-094-1
Ut de Franzosentid (Aus der Franzosenzeit), 1859, Neuauflage: BookSurge Publishing, 2001, ISBN 0-543-89389-8
Hanne Nüte un de lütte Pudel (Eine Vogel- und Menschengeschichte), 1860, Neuauflage: Hinstorff, Rostock 1995, ISBN 3-356-00637-1
Abendteuer des Entspekter Bräsig (Abenteuer des Inspektors Bräsig, hdt., Hinstorff, Rostock 1999, ISBN 3-356-00017-9),1861, Neuauflage:Hinstorff, Rostock 1999, ISBN 3-356-00017-9
Ut mine Festungstid (Aus meiner Festungszeit), 1862; Neuauflage: Hinstorff, Rostock 1997, ISBN 3-356-00746-7
Ut mine Stromtid (Aus meiner Volontärszeit), 1862; Neuauflage: Hinstorff, 2008, ISBN 3-356-01263-0 – in der hdt. Ausgabe als Das Leben auf dem Lande, Manscriptum, 2005, ISBN 3-937801-00-6
Dörchläuchting, 1866; Neuauflage: Hinstorff, Rostock 1994, ISBN 3-356-00585-5
De Urgeschicht’ von Meckelnborg (Die Urgeschichte Mecklenburgs), 1874; Neuauflage: Hinstorff, Rostock 1996, ISBN 3-356-00573-1

Werkausgaben

Werkausgabe um 1910Fritz Reuters Sämtliche Werke in Fünfzehn Bänden, herausgegeben von Hermann Jahnke und Albert Schwarz, A Weichert, Berlin (ohne Jahresangabe, ca. 1900).
Reuters Werke – Kritisch durchgesehen und erläuterte Ausgabe in sieben Bänden, herausgegeben von Wilhelm Seelmann, Bibliographisches Institut, Wien/Leipzig 1905/1906.
Fritz Reuters Werke. 1905/1906 – 2 Bände, herausgegeben von Karl Macke.
Fritz Reuter – Gesammelte Werke und Briefe. 9 Bände, herausgegeben von Kurt Batt. Hinstorff, Rostock 1967. (Nachdr. Reich, Rostock 1990, ISBN 3-86167-003-8).

Hörbücher

De Urgeschicht von Mecklenborg. 2 Audio-CDs, 101 min. Sprecher: Gerd Micheel. Rostock : Hinstorff, 2002. ISBN 3-356-00941-9
Läuschen un Rimels. 1 Audio-CD, 77 min. Sprecher: Hans-Peter Hahn. Rostock : Hinstorff, 2004. ISBN 3-356-01210-X
Täuw! Dir wollen wir kriegen! 1 Audio-CD, 63 min. Sprecher: Gerd Lüpke. Rostock : Hinstorff, 2004. ISBN 978-3-356-01047-3
Abendteuer des Entspekter Bräsig. 1 Audio-CD, 75 min. Sprecher: Kurt Nolze. Rostock : Hinstorff, 2006. ISBN 3-356-01152-9
Ut mine Stromtid. 11 Audio-CDs, 763 min. Sprecher: Gerd Micheel. Schwerin : TENNEMANN 2010. ISBN 3-941452-04-5
Ut de Franzosentid. 2-CD-Box, 140 Min. Sprecher: Gerd Lüpke
TENNEMANN 2013. ISBN 978-3-941452-28-2

Briefe

Fritz Reuter. Briefe. Zusammengetragen und kommentiert von Arnold Hückstädt. 3 Bände. Hinstorff, Rostock 2009/2010.

Bd. 1: 1827-1860. ISBN 978-3-356-01302-3

Bd. 2: 1861-1866. ISBN 978-3-356-01338-2

Bd. 3: 1867-1874. Register. ISBN 978-3-356-01358-0

Kommentare sind geschlossen.