Wolfgang Bordel ist tot

Anklam (nordPR) – Die Nachricht kam trotz schwerer Krankheit überraschend. Am gestrigen Freitag starb mit 71 Jahren der Theatermacher Wolfgang Bordel. Viele Jahre war er Intendant der Vorpommerschen Landesbühne. Er erfand u.a. das Open Air-Spektakel „Vineta”, seit Jahren Publikums-Garant für die Ostsee-Bühne Zinnowitz.

Er gilt als der Retter des kleinen Provinztheaters Anklam, welches schon zu DDR-Zeiten von den Verantworlichen abgeschrieben war. Bis Wolfgang Bordel 1983 mit Kleists „Zerbrochenem Krug” sein erstes Stück am Theater der Peene-Stadt inszenierte. Mehr als 150 Regiearbeiten hatte Bordel seitdem auf den Bühnen der heutigen Vorpommerschen Landesbühne realisiert.
Er war ein Theater-Macher im wahrsten Sinne des Wortes. Das bereits vor der politischen Wende in der DDR bedrohte Kreisstadt-Theater Anklam stand 1989 eigentlch unausweichlich vor dem Aus. Der letzte Vorhang war längst beschlossene Sache. Doch der Macher Wolfgang Bordel macht und baute über die Jahre eine wahre vorpommersche Kulturfabrik auf.
Ob nun das Theaterzelt „Chapeau Rouge” in Heringsdorf, die Vineta-Bühne in Zinnowitz, die Usedomer Hafenbühne, die Blechbüchse und die Theaterakademie in Zinnowitz oser das Theater in Barth. Die Vorpommersche Landesbühne hat heute einen denkbar guten Namen. Allein der Ausbau der Open-Air-Aktivitäten war weise vorausschauend. Gerade die sichern als Zuschauer-Magneten bis heute die wirtschaftliche Existenz dieses Vorpommern-Theaters.

Ihn zeichnete immer eine beeindruckende Mischung aus Mut und Kreativität aus. Anfang der 1990ger Jahre war die Blechbüchse auf der Insel Usedom eine heruntergekommene Lagerhalle.
Die ließ Wolfgang Bordel umbauen, offiziell als „Urlauberbegegnungsstätte“ angemeldet. Erst nach dem Abschluss der Umbauarbeiten kam die offizielle behördliche Baugenehmigung. Aber so sagte er in einem Gespräch mit dem Mediendienst nordPR auf die Entstehung der Zinnowitzer Blechbüchse: „Kultur muss erfindungsreich sein und darf, ja muss für den guten Kutur-Zweck auch mal der Bürokratie nachhelfend zur Seite stehen.“
Am Ende freuten sich alle beteiligten Offiziellen und natürlich das Publikum über die neue Kuturstätte in Zinnowitz.

Wolfgang Bordel hatte stets eine politische Überzeugung die er auch vertrat, zweilen pragmatisch aber nie das Fähnchen nach dem Winde drehend. Seine erste Aktion 1983 als neuer Intendant in Anklam: Zum 1. Mai versprach er seinen teils nicht übermäßig DDR-treuen Schauspielern und Mitarbeitern Bockwurst und Freibier, wenn sie an der Mai-Demonstration teilnehmen würden. Sie kamen.
Zu Wendezeiten schrieb ihn nicht nur der „Spiegel“ als „rote Socke“ ab. Doch Borgel ließ sich davon nicht beirren. Seine Stärken: Er war immer authentisch, wich auch unbequemen Nachfragen und Diskussionen nicht aus. Nordkurier-Autor Frank Wilheln zitierte in seinem äußerst gelungenem Nachruf Wolfgang Bordel in Sachen „Rote Socke“ wie folgt: „Aber die Leute hier haben sich wohl gesagt, gut, der Bordel ist eine rote Socke, aber er ist unsere rote Socke.”
Und so hatte Wolfgang Bordel auch nie etwas dagegen, wenn man ihn als Kommunist bezeichnete.
Er scheute sich nicht, Stücke aufzuführen, die andere Intendanten längst im Archiv verstauben ließen: „Die Matrosen von Cattaro” von Friedrich Wolf in Neustrelitz beispielsweise oder „Die Gewehre der Frau Carrar” von Bertolt Brecht, mit 25 Aufführungen zugleich eine seiner erfolgreichsten Regiearbeiten.

Wirklich typisch für Wolfgang Bordel war sein unabdingbarer Humor. Und seine schier grenzenlose Phantasie. Für das Anklamer Spektakel „Die Peene brennt” textete er vor Jahren schon, dass durch Nord Stream 2 niemals Gas fließen werde, sondern die ganze Anlage nur eine riesige Abhör-Röhre des Kremls sei, die ausgerechnet an der Peene endet … !?

Für Wolfgang Bordel war das Publikum ihm immer das wichtigste. Mit dem Selbstverwirklichungstheater mancher Zeitgeistlichen konnte er nicht wirklich etwas anfangen. Denn er hatte immer ein Gespür dafür, was seine Zuschauer wollten, ja was sie brauchten.

In einem Interview zu seinem 70. Geburtstag sagte Wolfgang Bordel: „Wenn Du mich fragst, was meine zukünftigen Pläne sind, dann kann ich antworten: Abenteuer beginnen, wo Pläne enden. Und ich freue mich auf die Abenteuer.“
NDR-Redakteur Thomas Nädler schrieb dazu in seinem Nachruf vor wenigen Stunden sinngemäß:
Wenn das, was nach dem Tod kommt, ein großes Theater ist, dann könnte Wolfgang Bordels neues Abenteuer sein, dieses Theater zu leiten.

Karl Dau

Eine kostenfreie Übernahme bzw. Verwendung der Meldung (auch in Auszügen) ist jederzeit ausdrücklich erlaubt bei Nennung der Quelle „nordPR“
————————————————————————————————————
Weitere Informationen, Musik, Bücher und Filme aus Mecklenburg-Vorpommern finden Sie auf www.tennemann.com

Dat Späl von Dokter Faust / CD-Box/ FRITZ REUTER BÜHNE SCHWERIN
ISBN-978-3-941452-45-9

CD Wünsche der Nachwelt / Johann Wilhelm Hertel/ Stefan Fischer und Musica Instrumentalis Schwerin / TENNEMANN Musik- und Buchverlag, ISBN 978-3941452466

ROSETTI BLÄSERQUINTETT SCHWERIN
Peter Joseph von Lindpaintner
“Sinfonie concertante B-Dur op.36 /
Helge Jörns ”Concerto grosso 1998
LVC-Records / TENNEMANN Verlag

Sing mit uns im Norden, 2-CD-Box, TENNEMANN Verlag
ISBN 978-3-941452-6-95

Äten un Drinken
höllt Liew un Seel
tausam‘n / ISBN: 978-3-941452-61-9 / TENNEMANN Verlag

Lachen mit Scletti 3 (Buch)
TENNEMANN Verlag
ISBN 9783941452756

Unser Kalender aus Mecklenburg-Vorpommern 2023
12 Kalenderblätter, 1 Titel- und 1 Übersichtsblatt
Format: (29,7 cm x 42,0 cm aufgeklappt)

De ümfallen Schauh
Horst Hasselmann
TENNEMANN Verlag
ISBN 978-3-941452-88-6

Äten un Drinken
höllt Liew un Seel
tausam‘n / ISBN: 978-3-941452-61-9 / TENNEMANN Verlag

E-Mail von tauhus / Cover: TENNEMANN Buchverlag

„Een lütten Sparling bün ick man“, Hörbuch-CD / TENNEMANN Buch- und Musikverlag ISBN 978-3941452329

Kommentare sind geschlossen.