Gehen in den Theatern von Mecklenburg-Vorpommern bald die Lichter aus?

Schwerin / Anklam / Neubrandenburg (nordPR) – Im so genannten Theaterpakt des Landes ist festgeschrieben, dass die fünf Bühnen in Mecklenburg und Vorpommern jährlich 2,5 Prozent mehr aus dem Landeshaushalt bekommen.
2018 sei diese Steigerung mal eine wunderbare Zahl gewesen, sagt Sven Müller, Intendant der Theater- und Orchestergesellschaft Neubrandenburg/Neustrelitz gegenüber NDR 1 Radio MV. Denn inzwischen, so Müller, sehe es so aus, dass es Kostensteigerungen in einer Höhe gebe, die mit den 2,5 Prozent Steigerung von einst nicht mehr abgedeckt werden können.
Denn durch die gallopierende Inflation in Deutschland, Tarifsteigerungen und die Erhöhung des Mindestlohns kommen auch auf die Theater in MV enorme Mehrkosten zu.

Auch der Kaufmännische Leiter der Vorpommerschen Landesbühne in Anklam, Andreas Flick, erlebt dies hautnah. Zwar begrüßt er den Theaterpakt. Derzeit reichen aber die erwähnten 2,5 Prozent nicht mehr aus: „Tarifrechtlich sind wir ein Privattheater, das heißt der Tarif gilt für uns nicht. Wir sind freier in der Gagenverhandlung, heißt aber in der Konsequenz, dass wir uns immer weiter von den großen tarifgebundenen Häusern entfernen.“
Das bedeutet für das Anklamer Theater ganz laut Flick: „Wenn ich im vergangenen Jahr Mindestlohnsteigerungen um fast 15 Prozent habe, dann komme ich mit einer Erhöhung von 2,5 Prozent auf Dauer nicht hin.“ Im nächsten Jahr werde eine Mindestgage für Künstlerinnen und Künstler im Normalvertrag Bühne von 3150 Euro gelten, beschreibt Andreas Flick. Sein Ensemble werde unter dem Strich im Frühjahr 2024 circa 700-800 Euro brutto weniger haben.

Vor zwei Wochen erzählte Kulturministerin Bettina Martin im NDR-Interview den laufenden Haushaltsverhandlungen nicht vorgreifen. Weil sie gewusst hätte, dass es zu Mehrkosten kommt, hätten sie zum Haushalt zusätzliche Kosten in mittlerer Millionenhöhe angemeldet. „Das liegt jetzt auf dem Tisch. Wir müssen verhandeln. Und die Gesellschafter der Mehrspartentheater, nämlich die Kommunen, werden sicherlich auch ihre Verantwortung wahrnehmen“, so Bettina Martin.

Im jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf ist von zusätzlichem Geld in Millionenhöhe für die Theater im NDR-Gespräch mit Finanzminister Heiko Geue allerdings keine Rede mehr: „Nicht für die Herausforderungen, die da sind. Dafür dürfen explizit die Rücklagen genutzt werden. Das ist auch wichtig für die Handlungsfähigkeit und Handlungsmöglichkeiten der Theater. Aber es gibt keine weiteren konkreten Zahlungen.“

Der SPD-Politiker erwähnt, dass die Theater während der Coronapandemie Rücklagen gebildet haben und auf diese nun zunächst zurückgreifen sollen: „Es mag sein, dass im einen oder anderen Theater nicht so viele Rücklagen entstanden sind wie im Durchschnitt. Das ist immer ein Problem mit der Durchschnittsbetrachtung. Deswegen suchen wir das Gespräch. Aber in der Durchschnittsbetrachtung ist einiges über die Corona-Jahre an Rücklagen entstanden, von unserer Seite politisch auch ganz bewusst und gewollt. Wir wollten den Theatern auch an der Stelle Planungssicherheit geben und sagen: Wir stehen zu euch“, betont Heiko Geue. Darauf müsse nun zurückgegriffen werden.

Der Theaterintendant Neubrandenburg/Neustrelitz, Sven Müller, verweist darauf, dass sein Haus schon Rücklagen gebildet hat. Die würden ausreichen, um Defizite für das Haushaltsjahr 2023 aufzufangen. Für 2024 werde es schwieriger. Dann steht das Haus vor der Frage, was es sich künftig leisten kann:

„Sollte das überhaupt nicht klappen, dann muss man sich darüber im Klaren sein, dass wir die gleichen Theater nicht mehr werden haben können. Ich möchte keine drohenden Szenarien entwerfen. Nur entweder müssen wir weniger machen oder wir müssten den Personalstand verringern – oder beides. Das wird unangenehm“

Nach wie vor, so ist auch aus anderen Theatern zu hören, setzen alle Beteiligten auf weitere Gespräche mit den Trägern von Land, Städten und Kreisen. Sie sind hoffnungsvoll, dass eine finanzielle Lösung gefunden wird, die den Bühnen in Mecklenburg-Vorpommern hilft. Finanzminister Heiko Geue betont jedenfalls: „Wir werden kein Theater vor die Wand laufen lassen. Das ist ja ganz klar.“

Übrigens, die wenigen echten Privattheater in Mecklenburg-Vorpommern können über die „Finanzsorgen“ der staatlich subventionierten Einrichtungen nur müde lächeln.
Angesichts der immensen Inflation in Deutschland, Tarifsteigerungen und der Erhöhung des Mindestlohns sind die privaten Bühnen in MV einem unvergleichlich höherem Druck ausgesetzt.
Da wird zum Teil bereits mit dem Rücken zur Wand gespielt. Aber es wird gespielt, auch wenn die Bürger, wie so oft immer zuerst bei der Kunst sparen.

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