Wieder ein Stück Pommern weniger?

Greifswald (nordPR) – Die Universität Greifswald, so aktuelle Meldungen, steht kurz davor, ihre traditionsreiche Musikwissenschaft abzuschaffen. Der Fakultätsrat will noch in dieser Woche darüber entscheiden. Offiziell soll Platz für neue Trends wie die Digital Humanities geschaffen werden.

Als interdisziplinäres Forschungsfeld verbinden Digital Humanities die Geisteswissenschaften mit Informatik und Data Science. Sie bringen neueste digitale Methoden zur Anwendung auf Gegenstände aus Kunst, Kultur, Geistesleben und Geschichte.  Digital Humanities erreichen so nicht nur einen Perspektivwechsel, sondern schaffen auch neue Möglichkeiten für Kooperation und Ideenaustausch, heißt es bei den Befürwortern.
Kritiker sagen, dass Digital Humanities eher eine modische zeitgeistige Richtung schaffen.

Wenn man bedenkt, dass die Musikwissenschaft noch 2024 als „Kleinod der Universität Greifswald“ bezeichnet wurde. Seit dem Weggang des Professors im April ist das Fach ohnehin stimmlos. Auch dies, so Beobachter, sei kein Zufall.

Unter dem Strich wäre die Abschaffung der Musikwissenschaft an der Universität Greifswald ein gravierender Verlust. Die Musikwissenschaft hat in der Region jahrzehntelang kulturell gewirkt – durch Kooperationen mit Theatern, Festivals, Kirchen und Museen, durch Projekte wie das Pommersche Volksliedarchiv oder das interdisziplinäre Forschungszentrum Ostseeraum. Sie war Impulsgeberin kultureller Teilhabe und Reflexion in einer Region, die sich oft abgehängt fühlt.

Seit 1793 ist die Musikwissenschaft in Greifswald fest verankert, spätestens mit der Gründung eines eigenen Seminars 1928. Die Forschung zur Musikkultur des Ostseeraums hat der Disziplin ein eigenes Profil gegeben. Seit 1996 bildet sie mit der Kirchenmusik ein Institut, das historische Forschung und musikalische Praxis vereint.

Mit der Abschaffung der Musikwissenschaft an der Universität Greifswald wäre Mecklenburg-Vorpommern das erste Bundesland ohne ein grundständiges Musikwissenschaftsstudium. Die traditionsreiche Volluniversität Greifswald verliert damit weit mehr als nur eine fachwissenschaftliche Facette im universitären Studienangebot:

Ganz nebenbei macht die Abschaffung allerdings nicht nur die Universität Greifswald ärmer. Schon jetzt lassen sich Stimmen vernehmen, die meinen, dass auch dieser Schritt Wasser auf gewisse politische Mühlen sei. Der Nordosten wird aus deren Sicht zunehmend wirtschaftlich und politisch abgehängt.

In dieser Situation eine Fachrichtung abzuwickeln, die so wichtig ist für kulturelles Selbstverständnis, kann ein fataler Fehler sein und politische Ränder weiter stärken. Eine Stimmung, ob berechtigt oder nicht, wird bedient und gestärkt, die entsprechende Wahlergebnisse nach sich ziehen könnte.

Eine honorarfreie Übernahme der Meldung ist jederzeit möglich bei Nennung der Quelle „nordPR“.


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